Ich bin ein italienischer Arzt in Deutschland: So setzt das krisengeschüttelte deutsche Gesundheitssystem 130 Milliarden Euro aufs Spiel; in Italien gibt es nur „kaum Hilfe“.

Ich habe die Debatte über das italienische öffentliche Gesundheitswesen aufmerksam verfolgt und möchte Ihnen nun einige persönliche Überlegungen zu einer wichtigen Studie mitteilen, die kürzlich in Deutschland veröffentlicht wurde, wo ich derzeit als orthopädischer Chirurg praktiziere. Es handelt sich um die Krankenhausstudie 2025 der Unternehmensberatung Roland Berger, für die über 850 deutsche Krankenhausmanager befragt wurden, um den Zustand des italienischen Gesundheitssystems zu bewerten. Die Ergebnisse sind alarmierend: Drei von vier Einrichtungen schlossen 2024 mit Verlusten, und die Lage scheint im öffentlichen Sektor besonders schlimm zu sein, wo 89 % der staatlichen Krankenhäuser in einer finanziellen Notlage stecken.
Was diese Studie – auch im Vergleich zu Italien – besonders interessant macht, ist nicht nur die Diagnose der Krise, sondern auch die strategische Reaktion Deutschlands. Für die nächsten fünf Jahre wurde ein Investitionsplan in Höhe von 130 Milliarden Euro angekündigt. Ziel ist die Sanierung der Krankenhausinfrastruktur, die Verbesserung der Managementeffizienz, die Förderung der Digitalisierung und die Förderung des Übergangs zu einem stärker ambulanten und gemeindenahen Gesundheitssystem, das den neuen demografischen und klinischen Anforderungen gerecht wird. Gleichzeitig fördert das deutsche System Fusionen, regionale Kooperationen und Synergien zwischen Einrichtungen und führt selektive Kriterien für den Zugang zu Fördermitteln ein. Nur Krankenhäuser mit einer klaren strategischen Vision und einer starken wirtschaftlichen Positionierung erhalten öffentliche oder private Fördermittel. Dieser Ansatz belohnt Planung und zielt auf eine systemische Transformation ab, nicht nur auf die Eindämmung des Notfalls. Natürlich ist noch nicht alles gelöst: Nur 50 % des Bedarfs werden derzeit durch die verfügbaren Mittel gedeckt, und 81 % der befragten Manager halten den von der Bundesregierung geplanten Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro für unzureichend. Die Richtung ist jedoch klar: Jetzt investieren, um die Zukunftsfähigkeit des Systems zu sichern.
Und wie steht es um Italien? Als im Ausland tätiger italienischer Arzt kann ich das Fehlen einer langfristigen Strategie für unseren Nationalen Gesundheitsdienst leider nur bedauern. Nach Jahren der Kürzungen und Unterfinanzierung (zwischen 2010 und 2019 gingen über 37 Milliarden Euro verloren) sind wir weiterhin auf außerordentliche Maßnahmen angewiesen, ohne die Ursachen der strukturellen Probleme anzugehen. Das Haushaltsgesetz 2025 sieht eine Erhöhung der NHS-Finanzierung um rund 1,3 Milliarden Euro auf 5 Milliarden Euro pro Jahr bis 2030 vor. Doch handelt es sich dabei erneut nur um marginale Anpassungen angesichts einer immer deutlicheren Verschlechterung der Lage: endlose Wartelisten, Mangel an medizinischem Fachpersonal, Ärzte, die den öffentlichen Sektor zugunsten der Privatwirtschaft oder des Auslands verlassen, und Bürger, die gezwungen sind, auf Behandlungen zu verzichten. Der Nationale Wiederaufbau- und Resilienzplan (NRRP) stellte eine Chance dar, doch seine Umsetzung ist noch immer zu ungleichmäßig und wird durch organisatorische Schwierigkeiten und das Fehlen einer zentralen Vision behindert. Was vor allem fehlt, ist ein schlüssiger und umfassender Plan für die Umgestaltung des National Health Service (NHS), der den tatsächlichen Bedürfnissen der Region, dem demografischen Wandel und den neuen Herausforderungen im Gesundheitswesen Rechnung trägt.
Als Arzt, der sich für einen Auslandsaufenthalt entschieden hat, um in einem System zu arbeiten, das Kompetenzen wertschätzt, die damit verbundene harte Arbeit anerkennt und stabile Verträge bietet, fällt mir auf, dass Italien weiterhin wertvolle Fachkräfte verliert, ohne ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Rückkehr zu fördern oder die jungen Ärzte, die bleiben, zu fördern. Das Paradoxe ist, dass viele der Länder, die derzeit italienische Ärzte anziehen – Deutschland, aber auch die Golfstaaten – dies gerade tun, indem sie in die Qualität des öffentlichen Gesundheitswesens investieren und stabile Verträge, wettbewerbsfähige Gehälter und angemessene Arbeitsbedingungen bieten. Der Vergleich mit Deutschland zeigt uns, dass es trotz vieler Unterschiede zwischen den beiden Systemen auch in Krisenzeiten möglich ist, klar und vorausschauend zu handeln. Es erfordert den Mut, Entscheidungen zu treffen, auch unpopuläre, die notwendig sind, um das Überleben des Systems zu sichern.
Unser Nationaler Gesundheitsdienst braucht keine einmalige „Hilfe“, sondern eine mutige und gemeinsame Vision für Reformen: einen außergewöhnlichen Plan für Strukturinvestitionen, eine Überprüfung der Organisationsmodelle, die Überwindung regionaler Ungleichheiten und eine erneute Konzentration auf die Würde und Sicherheit der im Gesundheitswesen Beschäftigten. Wenn wir jetzt nicht handeln, besteht die Gefahr, dass es in einigen Jahren kein öffentliches System mehr zu retten, sondern nur noch wieder aufzubauen gibt.
ilsole24ore